Vorne weg, ich bleibe jetzt bei dem Goethe Beispiel, weil ich nicht jedes mal eine endlose Liste aufzählen will. Ich denke du weisst wie es gemeint ist.
Siegbert_von_Meklenburg said:
Er war aber auch das Resultat einer Gesellschaft, die solche Künstler hervorbringen konnte, und kein Genie im luftleeren Raum.
Die Frage kann nicht sein nicht, was ich als einzelner geleistet habe (oder hätte haben können als sein Zeitgenosse) damit er seine Stücke schreiben konnte, sondern was er durch sein Wirken in die Kulturnation "eingezahlt" hat, welche kulturellen Einflüsse ihn dazu befähigt haben...
Es ist nicht "die Gesellschaft", das meine ich. In jeder Gesellschaft gibt es Menschen, die in der Lage sind ihre Gedanken zu formulieren. Das ist und war nichts einzigartig deutsches. Noch ist dieser Landstrich irgendwie mit einer Überzahl von diesen gesegnet. Bzw. war es im späten 18./frühen 19. Jahrhundert.
Und wann immer Literaten - oder Künstler im Allgemeinen - behaupten "die Gesellschaft"/"den Mensch" verändern zu können oder verändert zu haben, bekomme ich das kalte Kotzen. Siehe die Debatte über "das Schöne" usw. im 18. Jahrundert. Fürchterlich. Überzogen und unendlich egozentrisch.
Kurz: an der Realität der absoluten Mehrheit vorbei. Das war so und wird aller Wahrscheinlichkeit so bleiben. Die Werke der Literaten, und das umso mehr je weiter man in der Zeit zurück geht, haben nur Bruchstücke mit der Lebensrealität ihrer Zeit zu tun. Und demnach können sie auch nur in diesen Bruchstücken als Brücke dienen. Wenn überhaupt.
Siegbert_von_Meklenburg said:
... und inwiefern man sich als Deutscher heutzutage dadurch identifizieren kann und identifiziert wird. Und da stelle ich einfach fest, dass der Glanz bestimmter Vertreter unserer Nation auf den einzelnen projiziert wird, wie auch die Schande anderer.
Du kannst und willst dich durch Goethe und sein Werk identifizieren? Warum? Hat der Dreck über Emo Werther eine positive Entwikclung in deinem Leben ausgeführt? War seine Italienreise
der Anstoß, den dein vorher sinnentleertes Leben brauchte? Sind seine Ansichten zur Welt so brandaktuelle wie sie es vor bald 200 Jahren waren (und nicht ~150 wie ich vorhin geschrieben habe, mea culpa)?
Was ich meine, hat oder hatte Goethe einen Einfluss auf dein Leben oder auf der Leben der Allgemeinheit - heute oder damals - der eine solche Identifizierung in irgendeiner Form sinnvoll macht? Ist nicht der Karneval eine viel bessere Identifizierungsmöglichkeit?
Ein haufen Spießer, ein bisschen Bier, falsche Fröhlichkeit. In den Kneipen ein haufen Jugendlicher und junge Leute in den 20ern, die sich in "ironischen" Kostümen vollkippen. Das ist Deutschland in R(h)einkultur.
Oder aber Berlin Kreuzberg. Oder die Maikrawalle jedes Jahr.
Ih weigere mich oder Deutschland als Projektionsfläche für Goethe zu sehen. Auch wenn ich weder seine Werke noch was ich über ihn weiß in irgedneiner Form mag, aber wenn ich mich so am germanistischen Isnitut umschaue, erscheint mir das ungerecht für den armen Mann und seine Zeitgenossen. Das trifft nach jeder meiner Erfahrung nach, auch nicht für das Ausland zu. Weder Leute in meinem Alter, noch in Intelligenzija, soweit mir das bekannt sein kann.
Siegbert_von_Meklenburg said:
Das wage ich wiederum zu bezweifeln. Deutsch ist so grundverschieden von romanischen und slawischen Sprachen, die den jeweiligen Sprachraum umgeben (bis auf etliche Lehnwörter, die es natürlich gibt). Bestenfalls kann man noch von einer schwammigen Sprachgrenze zum Niederländischen reden... aber auch da sind die deutschen Dialekte einander noch viel zu ähnlich vorallem durch den Einfluss der Standardsprache als dass man von einem (west-)europäischen Sprachmatsch reden könnte.
Die skanidinavischen Sprachen und Englisch sind dem Deutschen mehr als nur ähnlich. Vom Niederländischem fange ich garnicht erst an.
Französisch und Spanisch sind ähnlich genug. Grundverschieden? Nein, wirklich nicht. Grundverschieden ist das Finnische oder das Türkische, aber die romanischen und in geringerem Ausmaß die slawischen Sprachen sind der unseren nach x-Jahren des Austausches ähnlich genug.
Wobei ich zugeben muss, dass ich vergessen habe worauf ich hier hinaus wollte. Vermischung und Verwischung der Identitäten und Sprache als nicht feste Einteilung? Vielleicht.
Siegbert_von_Meklenburg said:
Sicher... die deutsche Nationalidentität ist eine unter vielen. Ein Bayer empfindet sich unter bestimmten Umständen mehr seiner Region zugehörig, wenn er sich in Norddeutschland aufhält zB.; und in anderen Situationen eben als Deutscher. Dass der Mensch viele unterschiedliche Identitäten besitzt, leugnet doch nicht die Deutsche.
Mein Punkt war, dass es kaum "die deutsche Identität" gibt. Solange es keine Gegenfläche gibt, wie z.B. während der WM. Wobei das natürlich eine andere Kategorie ist.
Oder während des Nationalisozialmuses, aber auch das lasse ich lieber hier raus.
Sagen wir es so:
Ist die deutsche Jugendidentität" heutzutage nicht viel mehr davon gekennzeichnet möglichst neutral/international/"undeutsch" zu sein? Eine Antiidentität, die in ihrer Uniformität und schieren Absurdität schon die Emos und Hipster zu ihrem Untergang geführt hat und weiterhin führt.
Oder aber der der Metal Szene, wo dann mal 500 junge Leute vollständig uniform und unisex in schwarz gekleidet "anders" und "individuell" sind und die exakt gleiche Bewegungen ausführen. Absurd.
Aber ich schweife ab...
Siegbert_von_Meklenburg said:
Was soll damit sein? Diese Gebiete sind meines Wissens heute polnisch- und tschechischsprachig.
Siehe die Sprachen. Ich habe keine Ahnung.